
Das Medizinrad – ein indianisches Heilungsritual
Der Versuch einer Beschreibung
Ich liebe es sonntagmorgens mit meinem kleinen Sohn durch den leeren Stadtplatz zu gehen, dann die Pfarrgasse hinauf. Wir besuchen dabei das Werndldenkmal, den Brunnen, der im Sommer frisches Naß spendet. Wir sagen den alten Bäumen Hallo und wünschen ihnen einen guten Morgen, streichen über den moosbewachsenen Stamm, spüren seine Rinde. Wir beobachten die Vögel, freuen uns an dem Gesang der Amseln, am bunten Gefieder des Spechtes und hören das Krah – Krah der Krähe.
Spätestens am Teich fallen mir dann die leeren Flaschen auf, weiter oben, hinter dem Vogelkäfig, dort wo die Blumen in Kreisen und anderen Formen farblich abgestimmt gepflanzt wurden, da wird es deutlicher. Berge von leeren Bierdosen, Weinflaschen, Plastikhüllen, verbrauchten Zigarettenpackungen, all das liegt achtlos weggeworfen auf der Erde, kündet von nächtlichen Feiern der Jugend.
Nicht den Zeigefinger erheben, keine Moralpredigt, sich selbst fragen:
Ist der Umgang nicht ein Signal für etwas Verlorengegangenes in unserer technischen Welt? Was habe ich selbst verloren? Habe ich meinem Kind gezeigt, wie ich sorgsam, liebevoll, achtsam und respektvoll den Umgang mit den Ressourcen der Erde pflege, oder hab ich es verloren, das Gefühl der Verbundenheit mit meiner Umgebung, mit der Natur? Naturvölker wissen um diese Verbundenheit, denn dieses nicht zu wissen, hieße nicht zu überleben. Besser wie Häuptling Seattle kann ich es nicht sagen:
„Lehrt eure Kinder, was wir unseren Kindern lehrten. Die Erde ist unsere Mutter. Was die Erde befällt, befällt auch die Söhne und Töchter der Erde. Denn das wissen wir: Die Erde gehört nicht den Menschen – der Mensch gehört zur Erde. Alles ist miteinander verbunden, wie das Blut, das eine Familie vereint.“
Das Medizinrad ist ein möglicher Weg diese Verbundenheit zur Mutter Erde, zu der Göttlichkeit, der Schöpfung zu finden.
Eine Gruppe von Menschen trifft sich für ein Wochenende. Menschen, die meist Interesse daran haben bewußter, wacher und offener durch ihr Leben zu gehen. Menschen, die eine Leere in sich spüren, die den Drang in sich tragen etwas zu finden, was nicht namhaft und doch wert ist, es zu suchen.
Sie gestalten ein Ritual der Verbindung mit allen Elementen, allen Wesen, ein Ritual zur Heilung der Erde und somit von uns selbst. Wir bringen 36 Steine mit und legen in einem rituellen Ablauf ein Medizinrad.
Jeder Stein hat einen bestimmten Platz und eine bestimmte Qualität. Wir beginnen mit dem Schöpferstein, der in der Mitte ist, dann legen wir den Inneren Kreis. Einen Stein für die Mutter Erde eine für Vater Sonne, für Großmutter Mondin. Vier Steine für die Elemente Erde, Wasser, Feuer und Luft. Wir bestimmen die vier Himmelsrichtungen. Osten für den Frühling und für unsere Spiritualität, Süden für den Sommer und für unsere Emotionalität, Westen für den Herbst und für unsere Körperlichkeit und Norden für den Winter und für unsere mentalen Fähigkeiten. Anschließend den Äußeren Kreis. 12 Steine, jeder für einen Monat und die 4 Seelenpfade, die zum Schöpferstein führen. Der Legeritus ist beendet, wenn der Kreis mit Maismehl versiegelt ist. Dann liegt es da, das Rad. Ein Symbol für die Unendlichkeit, für Bewegung, für wiederkehrende Abläufe, für das Heilige und Heilende. Wir haben einen Raum geschaffen, der sich sichtbar und fühlbar unterscheidet. Manche spüren unterschiedliche Temperaturen, manche sehen die Farben besser. Spätestens dann, wenn Sie vor dem Eingang stehen, Ihre Bitte dort laut sagen und dann spürbewusst in den Kreis treten, sich führen lassen, mit sich geschehen lassen, spüren Sie diesen hochenergetischen Raum. Sie spüren die Qualität und das Wesen der einzelnen Steine, hören auf Antworten, oder auch auf Fragen, die in Ihnen hochtauchen. Ihre Reise im Medizinrad ist eine einzigartige, Ihrem Fortschritt und Wachstum angepasst und sie trägt zu Ihrer Heilung bei. Sie spüren den Regen auf ihrer Haut, den Wind, der Ihr Haar trocknet, die Sonne, die Sie wärmt und die Erde die Sie trägt. Sie spüren, dass die Schöpfung in Ihnen ist und Sie in der Schöpfung aufgehoben sind. Zitat eines Teilnehmers:“ ich habe die falsche Frage gestellt, aber die richtige Antwort erhalten.“
Werner Mikota
